Der Tod und das HighEnd

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Auch wenn es nicht bewußt angestrebt wird: die HighEnd-Kette ist ein Wertgegenstand, eine Wertanlage. Gleichzeitig sind viele HighEnder mittlerweile „Weißkopfseeadler“, will heißen: in der zweiten Lebenshälfte angelangt. Die daran denken müssen, daß sie von ihrer Wertanlage je nach derzeitigem Lebensalter vielleicht oder auch wahrscheinlich überlebt werden. Dann befinden sie sich in der Lage eines Bergbauern: steht nicht jemand zur Hofübernahme bereit, erhebt sich die Frage der Weiterführung oder der Verwertung. Sollte sich der Wertansatz der HiFi-Sammlung in höheren Preisregionen bewegen, ist es schlichtweg sinnvoll, hierfür im Rahmen eines Testaments Vorsorge zu treffen, um damit den Erben eine Hilfestellung zu bieten.

Grundsätzlich müssen Sie entscheiden, ob Sie Ihre Kollektion, seien es Geräte und Zubehör, seien es Tonträger, jemandem in natura vermachen wollen oder ob Sie bestimmen wollen, daß sie verkauft werden und der Erlös in die finanzielle Erbmasse einfließen soll. Alternativ können Sie auch überlegen, ob Sie sie nicht einer bedürftigen Einrichtung (Musikschule, -Hochschule) zukommen lassen wollen.

Das eigentlich Wichtigste ist ein Inventar, eine Aufstellung der Komponenten der HiFi-Kette und des Zubehörs (jeweils einschließlich der Seriennummern, soweit vorhanden) samt des dazugehörigen Preises, zunächst des Einkaufspreises. Darüber hinaus ist es sinnvoll, den Händler zu benennen, bei dem die Geräte gekauft wurden; dieser kann später vielleicht bei einer Vermarktung helfen, denn Abbau und Verpackung der Geräte sollten professionell vorgenommen werden (bewahren Sie die OVP auf!). Die Liste sollte auch aufzeigen, wo die notwendigen Dokumente (Bedienungsanleitung, vor allem Rechnungen, Nachweise frührerer Besitzer usw.) zu finden sind; eine separate Sammelbox, die auch eventuelles Zubehör aufnehmen kann – sofern nicht in der OVP aufbewahrt – ist mehr als sinnvoll. Diese Aufstellung sollte mindestens einmal jährlich überprüft und ggf. aktualisiert werden, neues Equipment hinzugefügt, verkaufte Geräte entfernt und vor allem der Zustand und der geschätzte Wiederverkaufspreis (z.B. nach Recherchen im einschlägigen Sekundärmarkt wie www.audio-markt.de oder www.audiogon.com) eingetragen werden. So etwas hilft Enttäuschungen der Erben(gemeinschaft) zu vermeiden, die oder deren Anwälte für Erbrecht sich möglicherweise übertriebene Vorstellungen machen könnten; den Umstand, daß ggf. Erbschaftssteuer anfallen könnte, wollen wir nur anführen, nicht weiter vertiefen. Die Hälfte des Kaufpreises dürfte das Maximum sein, das man im Sekundärmarkt für gut erhaltenes Gerät erzielen kann, sehr guter Erhaltungszustand, optisch wie funktional, und geringes Alter vorausgesetzt. Dieser Prozentsatz ist allerdings nur für seltenere Geräte zu erzielen, für weiter verbreitete Geräte dürfte ein Drittel des Kaufpreises eine angemessene Orientierung sein, für sehr altes Equipment noch weniger.

Das nächste ist, im Rahmen des Testaments oder durch eine entsprechende Beifügung die Person zu benennen, die beauftragt werden sollte, sich um den Verkauf zu kümmern, sollte der Erbe die Komponenten nicht selbst nutzen oder selbst verkaufen wollen. Für diesen Fall sollte auch ausdrücklich eine Beteiligung am Verkaufserlös festgesetzt werden. Nicht mit dem audiophilen Bazillus Infizierte machen sich üblicherweise keine Vorstellung von den Mühen, dem Schweiß und den Tränen, die ein Verkauf gebrauchter Geräte mit sich bringt (Vermarktung, Verkauf und Transport einschließlich Diskussionen über den Wahrheitsgehalt der Beschreibungen des Erhaltungszustands, vorgenommener Reparaturen oder Modifikationen u.ä.). Das alles ist in der Regel sehr zeitaufwendig, nervenraubend und meist frustrierend. Also sollte an einer entsprechenden Honorierung nicht gespart werden.

Ähnliches gilt auch für den Bereich der „Software“, also der CD-, Schallplatten- oder Tonbandsammlung. Hier eine Liste sämtlicher Objekte mit Preisen etc. wie oben aufzustellen, wäre jedoch übertrieben. Eine solche Mühe sollte sich, wenn überhaupt, auf die wertvollsten Sammlerstücke beschränken, die vermutlich nicht jedermann geläufig und als solche sofort identifizierbar sind. Nur in wenigen Fällen dürfte ein Second-Hand-Händler mit ausreichender Marktdurchdringung in der Nähe sein, und ein Verkauf über das bekannte Auktionsportal ist noch zeit- und nervenraubender als es ein Geräteverkauf schon ist. Hier wäre es eine Möglichkeit, mit einem versierten Händler bereits vorab eine Vereinbarung zur Übernahme und Vermarktung zu treffen, anstatt als Einzelkämpfer sein Glück zu versuchen – bzw. dieses Schicksal einem seiner nachkommenden Lieben zuzumuten. Das gilt natürlich auch für die Hardware, wenngleich es nur wenige solcher Händler geben dürfte.

Solange die Kollektion nicht verkauft ist, ist sie einem versicherbaren Risiko ausgesetzt. Kümmern Sie sich darum, daß sie nicht nur zu Ihren Lebzeiten, sondern auch dann gegen Eigentumsdelikte oder Katastrophen versichert ist, wenn keiner Ihrer Lieben sie übernehmen will, sondern sie verkauft werden muß. Sollte sich ein Händler oder eine andere Vertrauensperson darum kümmern, denken Sie an eine entsprechende Haftungsfreistellung oder eine Ausweitung des Versicherungsschutzes auch für diesen Fall.

Natürlich, sich darum zu kümmern, macht nicht wirklich Spaß. Aber stellen Sie sich einfach vor, welchen Aufwand und vielleicht Ärger Ihre Lieben damit haben könnten, beißen Sie in den sauren Apfel und treffen Sie die entsprechende Vorsorge.

 

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